Desaster mit glimpflichem Ende
Schock in Dresden - Carolabrücke eingestürzt!
Teile der Carolabrücke in Dresden stürzen in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch ein. Betroffen sind das Straßenbahngleis und Teile des Gehwegs. Eine Straßenbahn war in dem Moment nicht auf der Brücke.
Robert Michael/ dpa
Die sächsische Landeshauptstadt ist in der Nacht zu Mittwoch nur knapp einer Katastrophe entgangen. Die Carolabrücke in Dresden ist kurz nach 3 Uhr plötzlich eingestürzt. Der Brückenteil, auf dem die Straßenbahn fährt, stürzte auf einer Länge von etwa 100 m in die Elbe, teilte die Feuerwehr mit.
Am Brückenkopf auf der Altstädter Seite hat sich auf einer Länge von etwa einem Meter ein Spalt gebildet. Darüber hinaus wurde eine Fernwärmeleitung massiv beschädigt, Heißwasser trat aus.
Im gesamten Stadtgebiet fiel zunächst die Fernwärme aus. Mittlerweile konnte die Versorgung aber komplett wieder hergestellt werden.
Das ausströmende Wasser aus den Heizungsrohren hatte am frühen Mittwochmorgen auch Teile des Terrassenufers komplett unter Wasser gesetzt.
Der gesamte Bereich um die Carolabrücke, die Bundeswasserstraße Elbe sowie der Elberadweg und das Terrassenufer sind komplett gesperrt! Der Verkehr wird über die Albertbrücke umgeleitet. Die Straßenbahnlinien 3 und 7 rollen ab sofort über die Augustusbrücke. Eine Freigabe der Augustusbrücke für Autos, auf der nur Bus, Bahn und Taxis fahren dürfen, ist von der Stadtverwaltung Dresden nicht geplant.
Personen kamen bislang glücklicherweise nicht zu Schaden.
Die Feuerwehr bittet die Bevölkerung den Bereich weiträumig zu meiden und die Einsatzkräfte nicht zu behindern! Sie informiert über die Kanäle der Feuerwehr und der Landeshauptstadt Dresden bei Facebook, Instagram und Threads über die weiteren Einsatzmaßnahmen.
11.09.2024
Interview mit dem Dresdner Feuerwehrsprecher Michael Klahre
11.09.2024
Beschreibung von vor Ort
Polizei: keine Hinweise auf eine Straftat
Polizeisprecher Thomas Geithner: „Es ist heute ein besonderer Tag, der 11. September. Wenn bei uns nachts so eine Meldung eingeht, die größte Brücke von Dresden stürzt ein, schrillen bei uns natürlich alle Alarmglocken.“
Geithner betont zugleich: „Es gibt null Anhaltspunkte für irgendein strafbares Verhalten. Es gibt kein Ermittlungsverfahren.“ Die Ursache werde nun ermittelt werden.
Sollte sich herausstellen, dass bei der Konstruktion der Brücke Fehler gemacht wurden sind, werde man auch ein Strafverfahren einleiten, so Geithner. „Aber diese Anhaltspunkte fehlen in Moment. Es gibt keine Verletzten, deswegen haben wir auch von Amts wegen erstmal keinen Anlass, ein Strafverfahren einzuleiten.“
Dass unmittelbar nach dem Unfall im Internet Bilder von der Einsturzstelle mit arabischen Schriftzeichen kursierten, werde von der Polizei beobachtet. Sollte hier die Schwelle zur Strafbarkeit überschritten werden, werde es Ermittlungen geben.
"Der Boden hat gewackelt"
Die ersten Informationen zum Brückeneinsturz bei der Polizei kamen in der Nacht von den eigenen Kollegen: „Bei uns ging heute kurz nach 3.00 Uhr die erste Meldung ein. Das waren unsere eigenen Kollegen, die 50 Meter entfernt an der jüdischen Synagoge Objektschutzmaßnahmen durchführen“, berichtete Polizeisprecher Thomas Geithner. „Sie haben es beschrieben als großes, schwere Geräusch. Der Boden hat gewackelt.“
Weitere Teile der Brücke könnten einstürzen
„Es ist nicht auszuschließen, dass noch weitere Teile der Brücke einstürzen“, sagte Feuerwehrsprecher Michael Klahre. Die Brücke dürfe daher unter keinen Umständen betreten werden, auch der Fuß- sowie Radweg unter dem Bauwerk ist gesperrt.
„Zum gegenwärtigen Zeitpunkt können wir Ihnen nicht konkret sagen, welche Maßnahme jetzt als Nächstes getroffen wird. Wir müssen hier sehr langsam vorgehen, weil wir einerseits eine Fürsorgepflicht gegenüber unseren Einsatzkräften haben. Denn jeder Mann, jede Frau, der sich in die Nähe der Brücke begibt, der sich unter der Brücke aufhält oder obendrauf, begibt sich in Lebensgefahr“, so Klahre.
„Es ist ein großer Verlust, dass uns diese Brücke jetzt fehlt - vor allem für den Verkehr, der sich jetzt auf die anderen Brücken verteilen muss“, so Jan Pratzka, Bürgermeister für Wirtschaft und Sicherheit. Man müsse nun sehen, wie es weitergehen könne. Er zeigte sich erleichtert, dass niemand zu Schaden gekommen sei.
Oberbürgermeister Dirk Hilbert befand sich zum Zeitpunkt des Unglücks in Magdeburg aufgrund einer Oberbürgermeister-Konferenz. Er wurde am frühen Morgen informiert und eilte zurück in die Landeshauptstadt
12.09.2024
Oberbürgermeister Dirk Hilbert zum Einsturz
Fernwärme in Dresden unterbrochen
Von der SachsenEnergie heißt es, dass auch sie kurz nach 3 Uhr alarmiert worden. Zwei große und wichtige Fernwärmeleitungen seien an der Brücke geborsten, weshalb es zu dem massiven Wasserverlust kam. Dieser setzte auch das Terrassenufer zu Teilen unter Wasser.
Die betroffenen Fernwärmetrasse sei eine der wichtigsten Verbindungen für die Alt- und Neustadt, sagte Frank Döhnert von der SachsenEnergie, der für den Betrieb der Fernwärmeleitungen zuständig ist. Um restliche Netze zu schützen, wurde ein sogenanntes Notprogramm an den Start gebracht. Der Bereich Johannstadt konnte schnell wieder an den Start gehen. Auch die Versorgung der Neustädter Seite konnte gegen 9 Uhr wiederhergestellt werden. Bis zum Abend waren alle Haushalte in Dresden wieder am Fernwärmenetz.
45 Prozent der Dresdner Haushalte werden mit Fernwärme versorgt. Das sind rund 132.000 Wohnungen in 8.417 Häusern.
Die Unfallursache wird von den zuständigen Behörden ermittelt. Dass ein Defekt der Fernwärmeleitung in der Brücke die Ursache für den Einsturz ist, kann zum jetzigen Zeitpunkt und zum derzeitigen Kenntnisstand ausgeschlossen werden.
Klinikum sagt Operationen ab
Auch die Fernwärmeversorgung an den Standorten Friedichstadt und Löbtau des Städtischen Klinikums Dresden funktioniert wieder. Der Klinikbetrieb läuft an allen Standorten, einschließlich Neustadt/Trachau ohne Einschränkungen für die medizinische Patientenversorgung. Das gilt auch für die operative Versorgung.
Entgegen erster Informationen vom Morgen konnten alle geplanten Eingriffe realisiert werden.
DVB-Info: Straßenbahnlinien 3, 7 und 8 werden umgeleitet
Der Einsturz der Carolabrücke hat zum Glück nur die dort liegenden Gleisanlagen der Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB) beschädigt. Eine Straßenbahn befand sich in den Nachtstunden nicht darauf. Somit blieben Fahrgäste und Fahrzeuge unbeschadet. Die Linien 3 und 7 sind an Wochentagen stündlich auch nachts dort unterwegs.
Weil zunächst auch die Fahrleitung der DVB betroffen war, mussten mehrere Straßenbahnen umgeleitet werden. Mittlerweile ist die provisorische Sicherung der Fahrleitungen erfolgreich abgeschlossen.
Die Bahnen der Linien 3 und 7 fahren ab sofort vom Hautbahnhof aus über die Prager Straße zum Postplatz weiter über die Augustusbrücke und den Neustädter Markt zum Carolaplatz
11.09.2024
Interview Christian Schmidt DVB
Letzte Bahn fuhr wenige Minuten vor dem Einsturz über die Brücke
Auch nachts fahren die Straßenbahnen der DVB über das Bauwerk. Wie uns DVB-Sprecher Christian Schmidt sagte, rollte um 2.50 Uhr eine Straßenbahn der Linie „7“ über die Brücke, nur 18 Minuten vor dem Einsturz. Der Straßenbahnfahrer sei schwer betroffen von dem Ereignis, würde aber dennoch wie gewohnt seinen Dienst antreten, so Schmidt.
Seit 3.30 Uhr werden alle Straßenbahnen über die benachbarten Brücken umgeleitet.
Parkplatz gesperrt - Stadt sucht Fahrzeughalter
Der Bereich um die Carolabrücke ist abgesperrt - das betrifft auch den Parkplatz unter der Carolabrücke.
Wer dort geparkt hat, wird gebeten, sich bei der Stadt unter 0162-2392613 oder 0351-4832400 zu melden, um das weitere Vorgehen abzuklären.
Wie war der Zustand der Brücke?
„Das ist ein Morgen, den wollen Sie nie erleben“, sagte uns Holger Kalbe, Abteilungsleiter Brücken- und Ingenieurbauwerk. Er ist für die Brücken in der gesamten Stadt verantwortlich.
„Das ist ein Risiko, mit dem wir uns seit vielen Jahren auseinandersetzen, deswegen sind die anderen beiden Brückenzüge A und B bereits saniert. Das der Zustand der Brücke so schlimm ist, dass er einsturzgefährdet ist - das war nicht absehbar.“ Das Hauptanliegen sei nun, den restlichen Teil der Brücke genauestens zu prüfen.
Kurzfristig sei nicht mit einer Freigabe der beiden Züge zu rechnen. Nun gehe es darum, den eingestürzten Teil zu sichern. Diskussionen über einen Neubau seien noch kein Thema.
11.09.2024
Vermutung zum Einsturz
Ist die Ursache des Einsturzes schon bekannt?
Kurz gesagt: Nein. Aber es gibt Vermutungen. Korrosion könnte verantwortlich sein - eine Folge von mangelhafter Wartung in der Vergangenheit.
„Wir haben hier zu DDR Zeiten massiven Chlorideintrag gehabt“, so Abteilungsleiter Kalbe. An der Stelle, wo der Bruch eingetreten ist, steht auch ein Mast der Verkehrsbetriebe. „Es ist denkbar, dass an der Stelle eben massiv die Chloride eingedrungen sind und im Inneren der Brücke zu einer Korrosion der Bewehrung geführt haben.“ Das seien aber alles nur Vermutungen.
Tiefbauamt: Noch keine Erklärung für Brückeneinsturz
Die Brücke ist nach Angaben des Straßen- und Tiefbauamtes in der Vergangenheit regelmäßig kontrolliert und untersucht worden. Zweimal jährlich habe es Besichtigungen gegeben, die letzte große Prüfung sei vor etwa drei Jahren erfolgt, sagte die Amtsleiterin Simone Prüfer.
Der Einsturz in der Nacht sei für alle Beteiligten überraschend gekommen. „Wir können im Moment noch keine Erklärung für das Versagen des Bauwerkes geben“, sagte Prüfer.
Parkplatz gesperrt - Stadt sucht Fahrzeughalter
Der Bereich um die Carolabrücke ist abgesperrt - das betrifft auch den Parkplatz unter der Carolabrücke.
Wer dort geparkt hat, wird gebeten, sich bei der Stadt unter 0162-2392613 oder 0351-4832400 zu melden, um das weitere Vorgehen abzuklären.
Schiffe werden vom Anleger weggebracht
Von einem „finanziellen Desaster“ sprach die Sächsische Dampfschifffahrt. Die „Meißen“, welche zum Zeitpunkt des Unglücks direkt in der Nähe der Brücke lag, wurde bereits weggefahren.
„Wir werden hier am Terrassenufer nur zwei Schiffe liegen lassen, wahrscheinlich die 'Dresden' und die 'Cosel“, sage uns Stefan Bloch, der Geschäftsführer der Weißen Flotte.
Klar sei, dass erstmal keine Dampfer fahren könnten. „Ich vermute, dass wird lange dauern, und es wird schlimm für uns“.
Reaktionen nach Brückeneinsturz
Die Fassungslosigkeit steht den Dresdnern ins Gesicht geschrieben. Nachdem Teile der Carolabrücke einstürzten, konnten es viele einfach nicht glauben. Zahlreiche Schaulustige versammelten sich am Elbufer, machten Bilder, beobachteten das Geschehen. Auch Reporterin Claudia Lord war vor Ort und hat sich umgehört. Mehr Infos gibt es im Artikel „Fassungslosigkeit, Entsetzen: Reaktionen auf Brückeneinsturz“.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer und Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert reagierten erleichtert, dass niemand verletzt wurde. „Es ist glimpflich abgegangen“, sagte Kretschmer. Es sei nicht auszudenken, wenn es am Tag passiert, Straßenbahn und Autos auf der Brücke gewesen wären. „Wir können nur dankbar sein, dass niemand bei diesem schrecklichen Ereignis zu Schaden gekommen ist“, sagte auch Dresdens Stadtchef Hilbert.
Feuerwehr bereitet sich auf Hochwasser vor
Die Feuerwehr in Dresden sieht sich auf ein mögliches Hochwasser der Elbe vorbereitet. Dieses könnte die Aufräumarbeiten nach dem teilweisen Einsturz der Carolabrücke erschweren. Es gebe Kenntnis über eine mögliche Unwetterlage im Osten, so Michael Klahre von der Feuerwehr Dresden. „Wir haben das Ereignis auf jeden Fall auf dem Zettel.“
Konkrete Maßnahmen würden sich daraus zunächst nicht ableiten, hieß es. Noch sei völlig unklar, wie konkret sich eine solche Wetterlage einstellen werde. Es gebe einen Abwehrplan, der im Fall eines Hochwassers greife. „Wir sind sensibilisiert und vorbereitet“, so Klahre.
Eingestürzter Brückenteil sollte bald saniert werden
Die denkmalgeschützte Carolabrücke wird bereits seit Jahren saniert - allerdings war bislang noch nicht der sogenannte „Brückenzug C“, also genau der Teil, wo die Straßenbahnen fahren und der eingestürzt ist, an der Reihe.
Dort sollten die Sanierungsarbeiten am 1. Januar 2025 loslegen. Dafür waren 8,4 Millionen Euro eingeplant. Mehr Informationen dazu gibt es in unserem Artikel „Brückenteil sollte 2025 saniert werden“.